Brexit: Nur noch die „Klügsten und Besten“
Am 31. Januar hat Großbritannien die EU verlassen. Für die Migrant_innen zu beiden Seiten des Kanals greifen jetzt Übergangslösungen. Im Gegensatz zu vielen anderen Bereichen sind die neuen Regelungen für Brit_innen in der EU und für EU-Bürger_innen in Großbritannien recht klar und unkompliziert. Künftig aber soll es deutlich schwieriger sein, nach Großbritannien einzuwandern.
Im März 2019 war das so genannte Settlement-Programm der britischen Regierung in Kraft getreten. Es ermöglicht Bürger_innen der EU, Norwegens, Islands und der Schweiz, nach dem Brexit ein Aufenthaltsrecht zu erhalten. Voraussetzung ist, dass sie mehr als fünf Jahre im Land leben. Bis zum 31. Dezember 2019 waren dafür 2,756 Millionen Anträge eingegangen, so das britische Innenministerium. Abgelehnt wird der Antrag nur bei bestimmten Vorstrafen. Es wird allerdings geschätzt, dass etwa 3,6 Millionen EU-Bürger_innen in Großbritannien leben. Rund 900.000 hätten demnach keinen Antrag gestellt. Sie bekommen von den britischen Behörden den auf 18 Monate befristeten „pre-settled”-Status. Diesen können sie entweder verlängern, oder, wenn sie schon länger als fünf Jahre im Land leben, den dauerhaften „settled”-Status beantragen.
Ähnlich ist es mit den rund 1,2 Millionen Brit_innen, die in der EU leben. Die britische Regierung hat für sie drei separate Abkommen mit 31 europäischen Ländern abgeschlossen. Das Austrittsabkommen garantiert britischen Bürger_innen, die sich rechtmäßig in den EU-Staaten aufhalten, weit gehend die gleichen Rechte wie vor dem Brexit. Gleiches gilt für britische Bürger_innen, die bis zum 31. Dezember 2020 in die EU umziehen – so lange gilt die Freizügigkeit für sie weiter. Sie alle müssen aber bis zum 30. Juni 2021 einen Aufenthaltsstatus beantragen, wenn sie dauerhaft dort bleiben wollen. Noch offen ist, ob britische Bürger_innen, die in EU-Ländern leben, nach dem Brexit frei in andere EU-Länder umziehen können.
Doch nach dem Ende der Übergangszeit sollen deutlich strengere Regeln gelten. Ein neues punkteorientiertes Immigrationssystem nach australischem Vorbild soll am 1. Januar 2021 starten und nur die „Klügsten und Besten” ins Land lassen, so Innenministerin Priti Patel. In Zukunft soll es keinen Unterschied mehr zwischen EU-Ausländer_innen und allen anderen geben. Die Punkte werden für spezielle Qualifikationen und das in Aussicht stehenden Jahresgehalts vergeben. Nur wer hier genug vorweist und zudem gute englische Sprachkenntnisse hat, bekommt künftig ein Visum für Großbritannien. Allerdings ist die britische Wirtschaft stark auf Arbeitskräfte vor allem aus Osteuropa angewiesen, etwa in der Gastronomie und Pflege, auf Baustellen und in der Landwirtschaft. Die Gewerkschaft Unison warnte vor einem „Desaster“ im Pflegebereich. Vor allem in britischen Kliniken sind schon jetzt viele Stellen nicht besetzt. Die Regierung entgegnete, die britische Wirtschaft müsse sich von „billigen Arbeitskräften aus Europa“ unabhängiger machen.