Für unsere demokratischen Alternativen streiten

Wie wollen wir leben? Wie wollen wir Gute Arbeit gestalten? Wir haben am 1. September Gelegenheit, bei der Landtagswahl darüber abzustimmen. Und wenn wir wollen, dass sich was ändert im Land, dann müssen wir uns einsetzen und engagieren.
Bereits zur Europawahl wurde deutlich: Die Zeiten, in denen eine oder zwei Parteien mit großem Abstand an der Spitze standen, sind vorbei. Spannend wird, welche Mehrheiten in Sachsen zu welcher Koalition führen. CDU, SPD, LINKE, Grüne und FDP könnten mehr oder weniger gut miteinander regieren. Allen gemeinsam ist: Sie wollen als demokratische Parteien nicht mit der AfD zusammengehen. Das ist ihr gutes Recht, denn die AfD ist keine Partei wie alle anderen.
Nur mühsam verbirgt sie ihren wahren Charakter als Spalterin unserer Gesellschaft, bringt offen den Rassismus zurück auf die politischen Bühnen. Hinter dem „Alternativ-Konzept“ steckt ein Strauß rückwärtsgewandter Ideen und Ideologien. Wollen wir wirklich so leben, wie es früher nie war?
Wir haben uns die Programme der Parteien zur Landtagswahl genau angesehen. Gerade bei den Themen, die für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wichtig sind, klaffen bei der so genannten „Alternative“ erhebliche Lücken. Ob es um Gute Arbeit, Stärkung der Tarifbindung oder ein Bildungsfreistellungsgesetz geht – überall gibt es keine Aussagen oder nur sehr verschwommene. Wenn es aber die Chance gibt, zwischen deutschen Staatsbürgern (und auch damit sind nicht alle gemeint) und Migranten zu unterscheiden, wird die AfD allerdings sehr konkret und sogar sozial. So soll es eine „Willkommenskultur für neu geborene deutsche Babys“ geben – was immer das bedeutet. Auch die Arbeit in den letzten fünf Jahren im Sächsischen Landtag, die im Wesentlichen durch Hetze gegen Migranten und Andersdenkende geprägt war, gibt Anlass für eine kritische Bewertung der AfD.
Dabei gibt es viele Beweggründe, warum sich in Sachsen mehr ändern muss, als in den letzten Jahren angegangen wurde. Bei der Bezahlung der Beschäftigten hinkt Sachsen weit hinter allen anderen Bundesländern her. Die Tarifbindung ist die niedrigste in ganz Deutschland. Eine kürzlich veröffentlichte Studie des DGB Sachsen und des WSI-Tarifarchivs bescheinigt Sachsen eine Tariflandschaft, die eher an „osteuropäische Zustände“ erinnert. Für viele Beschäftigte steht deshalb eine faire, tariflich entlohnte Bezahlung ganz oben auf der Tagesordnung der Probleme, die in Sachsen gelöst werden müssen.
Sachsen kann sich auch keine Abschottung leisten. In den nächsten Jahren bis 2030 werden rund 200.000 Beschäftigte mehr in den Ruhestand gehen, als jüngere nachkommen. Es wird einen massiven Fachkräftemangel geben. Dies wird sich nur durch Zuwanderung lösen lassen. Sachsen muss für Weltoffenheit stehen. Abschottung, geschlossene Grenzen und Vorzugsbehandlung für Deutsche stehen den Herausforderungen der Zukunft diametral entgegen. Damit lässt sich in Sachsen nicht die Zukunft gestalten.
Wir wollen damit auch mit unseren Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben und Verwaltungen sprechen. Auch dort gibt es ja Frust und Enttäuschung, weil sich nicht alles so schnell umsetzen lässt, wie das erhofft wird. In der Demokratie ist es gerade nicht so, dass einer die Ansagen macht und alle gehorchen müssen. Und das ist gut so. Demokratie ist manchmal mühsam und dauert. Am Ende von Konflikten stehen immer Kompromisse, die nicht alle zufrieden stellen. Aber dazu gibt es keine Alternative, schon gar nicht für uns Gewerkschaften.
Lasst uns offen streiten für und über unsere Demokratie, darüber, wie wir sie haben wollen. Darüber, was wir nicht (mehr) haben wollen. Darüber, wie wir ein gutes Leben erstreiten. Wir Gewerkschaften stehen keiner Partei nahe, und wir wollen auch nicht wissen, wer wen wählt. Klar ist nur eines: Wir können gemeinsam viel erreichen – gute und verlässlich bezahlte Arbeit für alle, soziale Sicherheit und ein gutes Leben. Das alles wird uns niemand schenken, aber wir brauchen dazu gute politische Rahmenbedingungen. Das alles können wir nur in einem demokratischen System durchsetzen.
Deshalb reihen wir uns mit unserem Gewerkschaftsblock ein, wenn am 24. August in Dresden tausende für Toleranz und Weltoffenheit demonstrieren. Die Überschrift des #unteilbar-Bündnisses „Solidarität statt Ausgrenzung“ spricht gerade uns Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter direkt an. Aktive und gelebte Solidarität ist nur in einer demokratischen Gesellschaft möglich. Demokratie ist Leben – das Leben übrigens, für das wir 1989 auf die Straße gegangen sind.
aus Forum Migration August 2019