Islam: Einfluss der Religion auf Integration
Sind Muslime umso schlechter integriert, je religiöser sie sind? Dieses verbreitete Vorurteil wurde nun wissenschaftlich untersucht. Das Ergebnis: Der Einfluss von Religion auf die Integration ist „eher gering”. Die CDU in Sachsen-Anhalt beschließt indes, den Islam nicht zu wollen.
Martina Sauer und Dirk Halm vom Essener Zentrum für Türkeistudien haben 33 Studien zum Zusammenhang von muslimischer Religionszugehörigkeit oder Religiosität und gesellschaftlicher Integration in Deutschland nach 9/11 ausgewertet. Ihre Untersuchung wurde von der Deutschen Islamkonferenz gefördert. Ein Befund: Unterschiede in der Erwerbsbeteiligung im Vergleich zu Einheimischen sowie zu nichtmuslimischen anderen Einwanderergruppen seien „geringfügig”. Dies gelte allerdings nicht für die Erwerbstätigkeit von Frauen. Die ist in der muslimischen Gruppe „deutlich unterdurchschnittlich”, so die Studie. Höhere Religiosität wirke sich insbesondere auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen negativ aus, und zwar nicht nur aufgrund von möglicher Diskriminierung, sondern auch aufgrund intrinsischer Motive und von Geschlechterrollen. Insgesamt seien Muslime auf dem Arbeitsmarkt „unterprivilegiert”, was sich insbesondere in niedrigen Einkommen und geringem Berufsprestige zeige. Dieser Umstand sei jedoch „eher migrations- und nicht religionsbedingt”.
Nur eine Minderheit der Muslime habe „fundamentalistische, gruppenfeindliche, gewaltakzeptierende oder radikale Haltungen”. Der Anteil dieses Personenkreises sei unter Muslimen allerdings größer als unter Nichtmuslimen. Muslime identifizieren sich im Durchschnitt nicht weniger mit Deutschland als andere Einwanderer. Sie zeichnen sich aber durch eine besonders ausgeprägte Herkunftslandidentifikation aus, die durch ausgeprägte Religiosität begünstigt wird, so die Studie weiter. Muslime seien im Durchschnitt toleranter gegenüber Andersgläubigen als Personen ohne Migrationshintergrund. „Einheimische“ empfinden deutlich häufiger kulturelle Distanz zu Muslimen als umgekehrt. Allerdings erhöht ausgeprägte Religiosität das Distanzempfinden der Muslime. Eine „speziell auf Muslime gemünzte, generelle Integrationsskepsis” sei angesichts des Forschungsstandes „nicht zu rechtfertigen”, so ihr Fazit. Die CDU im Land Sachsen-Anhalt hat derweil auf ihrem Parteitag in Magdeburg ein neues Grundsatzprogramm beschlossen. Darin heißt es: „Mit Blick auf unsere kulturellen Werte und historischen Prägungen gilt aber auch, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört.” Allerdings seien „in Deutschland lebende Muslime Teil unseres Landes” und nähmen „ihr Grundrecht auf freie Religionsausübung in Anspruch”. Der damalige Bundespräsident Christian Wulff hatte 2010 bei der Feier zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit in Bremen den Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“ gesagt. Im Grundsatzprogramm der Bundes-CDU heißt es hingegen: „Wir werden den gesellschaftlichen Zusammenhalt aller Demokraten über die Religionsgrenzen hinweg aktiv fördern.”
Download Buch „Der Einfluss muslimischer Religiosität auf die gesellschaftliche Integration von Einwanderern in Deutschland”: https://bit.ly/352mlDr