News Januar 2021
Migrationsbericht: Erneut leichte Steigerung bei Erwerbsmigration
2019 sind 64.219 Personen nach Deutschland eingereist, die einen Aufenthaltstitel für eine Erwerbstätigkeit erhielten – ein Anstieg von 5,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das geht aus dem neuen Migrationsbericht 2019 der Bundesregierung hervor. Knapp zwei Drittel (61,3 Prozent) davon kamen für eine qualifizierte oder hoch qualifizierte Tätigkeit nach Deutschland. Dazu zählen etwa Inhaber_innen einer Blauen Karte EU oder so genannte unternehmensintern transferierte Arbeitskräfte (ICT). Hauptherkunftsländer der Erwerbsmigrant_innen waren Bosnien-Herzegowina, Serbien, Kosovo, Nordmazedonien und Albanien, die USA, die Türkei und Indien.
Migrationsbericht 2019: https://bit.ly/3ovFdny
Neue GEW-Publikation: 15 Jahre Integrationskurse – prekäre Arbeitsbedingungen in Sprachkursen
Die GEW hat in einer Dokumentation zu 15 Jahren Integrationskursen die Arbeitsbedingungen der Dozent_innen scharf kritisiert. Diese seien „immer noch prekär“, heißt es darin. Statt Festanstellung gebe es Honorarverträge, kein Urlaubsgeld, keine Absicherung im Krankheitsfall, Beiträge zur Sozialversicherung müssten zu 100 Prozent alleine getragen werden. Eine Folge sei „erwartbare Altersarmut“, so die GEW.
IG BAU: Zoll kontrolliert viel zu wenig
Bis Ende Oktober hat die Finanzkontrolle Schwarzarbeit 2020 rund 37.770 Arbeitgeber_innen auf die Einhaltung von Mindestlöhnen, Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung kontrolliert – 16 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Das teilt die IG BAU mit und beruft sich auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen. Demnach sank die Zahl der Kontrollen im Baugewerbe, das knapp ein Drittel aller Prüfungen ausmacht, um sieben Prozent. In der Gebäudereinigung erhielten 15 Prozent weniger Firmen Besuch vom Zoll. „Es ist klar, dass die Pandemie an der Finanzkontrolle Schwarzarbeit nicht spurlos vorbeigeht. Bei Visiten auf Baustellen müssen Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden, Beamte im Homeoffice ermitteln häufiger nach Aktenlage“, sagt IG BAU-Chef Robert Feiger. Der Zoll könne damit nicht so effektiv agieren wie bislang. Er müsse allerdings alles daransetzen, das Kontrolllevel der letzten Jahre so weit wie möglich zu halten. „Firmen, die Löhne prellen oder Steuern hinterziehen, dürfen keine Profiteure der Krise sein“, so Feiger.
Entsenderichtlinie: Polen und Ungarn scheitern am EUGH
Der Europäische Gerichtshof hat eine Klage von Ungarn und Polen gegen die Reform der Entsenderichtlinie abgewiesen. Die beiden EU-Staaten hatten unter anderem eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit gerügt. Der EuGH sieht die Reform jedoch als rechtens. Die Richtlinie war 2018 geändert worden, um den Schutz der entsandten Arbeitnehmer_innen vor Lohn- und Sozialdumping auszuweiten. EU-Bürger_innen, die vorübergehend in einem anderen EU-Land arbeiten, müssen demnach dort ebenso entlohnt werden wie Einheimische. Sie dürfen nicht mit dem Mindestlohn abgespeist werden, wenn für ihre Kollegen bessere Löhne vereinbart sind. DGB Vorstandsmitglied Anja Piel lobte das Urteil: „Viele Firmen machen aus der Ausbeutung von entsandten Beschäftigten ein lukratives Geschäftsmodell“, sagte Piel der DPA. „Mit der revidierten Entsenderichtlinie stehen den Beschäftigten nun mehr Rechte zu, sei es beim Lohn oder den Unterkunftsbedingungen, daran müssen sich nun alle Unternehmen halten.“
Situation auf den Kanarischen Inseln: Fast 20.000 Ankünfte in diesem Jahr
Die Kanarischen Inseln haben im November die höchsten Ankunftszahlen überhaupt innerhalb eines Monats registriert. 8.157 Flüchtlinge und Migrant_innen aus Westafrika erreichten die Inselgruppe. Die Zahl der Ankünfte seit Jahresbeginn stieg damit auf fast 20.000 – rund zehn mal so viele wie im Vorjahr. Durch Abkommen der EU mit der Türkei, Libyen und Marokko wurden bislang stark genutzte Flüchtlingsrouten abgeschnitten. Die spanischen Behörden richten derzeit Notunterkünfte für bis zu 7.000 Menschen ein. Der Bau kostet 84 Millionen Euro und wird aus EU-Mitteln finanziert. Antonio Morales, Inselpräsident von Gran Canaria sagte der Tagesschau: „Ich denke, dass Europa die klare Strategie verfolgt, uns in eine Gefängnisinsel zu verwandeln. So, wie es in Lesbos oder in Lampedusa geschehen ist, in Ceuta oder in Melilla. Sie denken sich: Die Menschen kommen nicht zu mir aufs Festland – wir halten sie auf den Inseln zurück. Wir verwandeln diese Gebiete in abschreckende Gefängnisse.“
Fleischindustrie: NGG warnt vor Subunternehmen
Angesichts des anstehenden Verbots von Leiharbeit und Werkverträgen in der Fleischindustrie durch das neue Arbeitsschutzkontrollgesetz erschweren Subunternehmer den reibungslosen „Übergang zu besseren Beschäftigungsverhältnissen“. Das kritisierte der Geschäftsführer der NGG-Region Oldenburg-Ostfriesland, Matthias Brümmer, gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. Demnach würden Subunternehmer ihre Beschäftigten mit falschen Versprechen locken, damit sie bei ihnen Aufhebungsverträge oder Eigenkündigungen unterschrieben. Anschließend sollten sie sich beim Fleischbetrieb bewerben, um dort ein völlig neues Arbeitsverhältnis einzugehen: „Diese Praxis ist die Umgehung eines rechtlich abgesicherten Betriebsüberganges, der den Betroffenen mindestens ihre Rechte und Sozialabsicherung aus dem jetzigen Arbeitsverhältnis sichert.“ Brümmer sagte dem EPD weiter: „Kolleginnen und Kollegen, die jetzt schon mehrjährig als Fremdbeschäftigte im Fleischbetrieb arbeiten und ein festes Arbeitsverhältnis haben, sollen ab dem 1. Januar 2021 wieder völlig neu am bisherigen Arbeitsplatz weitermachen und am besten auch noch befristet und mit schlechteren Löhnen und Kündigungsfristen.“ Die Gewerkschaft ruft dazu auf, keine Kündigungen oder Aufhebungsverträge und neue Arbeitsverträge zu unterschreiben.
EU-Asylpakt: Europäischer Gewerkschaftsbund übt Kritik, Linke legt Alternative vor
Der Europäische Gewerkschaftsbund ETUC hat die Pläne der EU-Kommission für den EU-Asylpakt kritisiert. Der ermögliche keinen Neuanfang, sondern ermögliche den Mitgliedstaaten, internationale Konventionen zu verletzen. Abschiebungen würden als „Alternative zur Übernahme menschenrechtlicher Verantwortung” eingeführt. Es sei eine „grobe Pervertierung der Sprache, wenn dieses System als ‘solidarischer Ansatz’ bezeichnet wird“, heißt es in einer Stellungnahme von ETUC. Der Verband verurteile die Mitgliedstaaten, die Hass gegen Asylsuchende und Migranten im Allgemeinen schüren und diesen ihre Rechte vorenthalten. „Dies hat strukturellen Rassismus weiter verfestigt.“ Derweil legte die Linken-Fraktion im EU-Parlament einen umfassenden Alternativvorschlag für die EU-Asylrechtsreform vor. Darin regt die Fraktion unter anderem an, die derzeitige Dublin-Verordnung durch einen verbindlichen Mechanismus zur Verteilung vom Asylbewerber_innen in der EU zu ersetzen. Darin sollte das Prinzip der Zuständigkeit des ersten Einreisemitgliedstaates beendet werden.
ETUC-Stellungnahme: https://bit.ly/36O2c7f
Alternativer Pakt: https://bit.ly/36PAneR
KOK veröffentlicht Policy Paper: „Betroffene von Menschenhandel im Asylkontext erkennen“
Opfer von Menschenhandel zählen zur Gruppe besonders schutzbedürftiger Personen und haben deshalb Anspruch auf besondere Schutzmaßnahmen während des Asylverfahrens. In Deutschland gelinge es aber „nach wie vor nicht, Betroffene von Menschenhandel innerhalb des Asylsystems systematisch zu identifizieren“, schreibt der Koordinationskreis gegen Menschenhandel (KOK). Um auf diese Problematik aufmerksam zu machen, hat der KOK ein Policy Paper veröffentlicht, das Handlungsempfehlungen gibt.