News Januar 2022
Neuer „Afrozensus”: Viele schwarze Menschen erleben Rassismus in Deutschland
In einer Online-Umfrage hat der Berliner Verein „Each One Teach One“ tausende schwarze Menschen zu ihren Erfahrungen mit Diskriminierung befragt. Ob im Gesundheitswesen, auf dem Wohnungsmarkt oder in der Bildung – es gebe „keinen Bereich, in dem Diskriminierung und Rassismus keine umfassenden Probleme sind“, teilte der Verein dem Evangelischen Pressedienst mit. Der Zensus stelle erstmals die Lebensrealität der über eine Million in Deutschland lebenden schwarzen Menschen dar. Etwa die Hälfte der Befragten (56 Prozent) berichtete von diskriminierenden Polizeikontrollen nach äußeren Merkmalen („Racial profiling“). An der Online-Befragung nahmen 6.419 Personen ab 16 Jahren teil, die in 144 verschiedenen Ländern geboren wurden, die meisten von ihnen (43,9 Prozent) in Deutschland.
Reem Alabali-Radovan ist neue Bundes-Integrationsbeauftragte
Die Nachfolgerin von Annette Widmann-Mauz als Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration ist Reem Alabali-Radovan (SPD) aus Schwerin. Die 31-Jährige wurde als Kind irakischer Eltern in Moskau geboren. Sie kam 1996 mit ihrer Familie nach Mecklenburg-Vorpommern und wurde 2020 Integrationsbeauftragte des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Bei der Bundestagswahl in diesem Jahr zog sie mit einem Direktmandat in das Bundesparlament ein.
Neue Todesfälle an der Grenze Polen/Belarus, Stand bis Redaktionsschluss
10.864 unerlaubte Einreisen mit „Bezug zu Belarus“ registrierte die Bundespolizei bis zum 7. Dezember, zuletzt allerdings mit „deutlich fallender Tendenz“. Polen hatte in den Wochen zuvor die Grenze durch das Militär fast hermetisch abriegeln lassen. Am 1. Dezember verlängerte Polen de facto den Ausnahmezustand im Grenzstreifen, den Hilfsorganisationen wird wieder der Zugang verweigert. Die Notlage in der Region ist keineswegs vorbei. „Es herrscht nach wie vor eine humanitäre Krise“, schreibt die NGO Grupa Granica. „Bewohner_innen der Region, Aktivist_innen, Mediziner_innen und Anwält_innen helfen dort jeden Tag Menschen in Not. Ein Ausweg aus dieser dramatischen Situation ist nicht in Sicht, und die Wetterbedingungen werden von Tag zu Tag schlechter.“
Stellungnahme der polnischen NGO Grupa Granica auf der Webseite von medico international
AfD mit Innenausschuss-Vorsitz: GdP ist empört
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die geplante Neubesetzung des Vorsitzes des Bundestagsinnenausschusses mit einem AfD-Parlamentarier scharf kritisiert. Es sei nicht nachvollziehbar, dass eine Partei in der Keimzelle der deutschen Demokratie maßgeblich sensible Themen der inneren Sicherheit gestalten soll, in deren Reihen offen nationalsozialistische Parolen sowie Hass und Hetze gegen Andersdenkende, Minderheiten und Ausländer nicht nur geduldet, sondern auch teils befördert werden, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow. Es verwundere sehr, dass die anderen Fraktionen der AfD den Vorsitz des Innenausschusses überlassen haben. Malchow kündigte an, die Anstrengungen der GdP „für eine hohe Resilienz der Polizei gegenüber antidemokratischen Bestrebungen“ zu verstärken. Angesichts solcher politischen Entscheidungen sei das notwendiger denn je. Der GdP-Bundesvorstand hatte Mitte März gleichzeitige Mitgliedschaften in der AfD und in der GdP für unvereinbar erklärt. Die AfD wolle mit Provokationen und Inszenierungen medienwirksam auffallen und sei gewerkschaftsfeindlich eingestellt.
Saarland: Überlastete Ausländerbehörde staut 40.000 Verfahren
Chaos, Zusammenbruch, Überlastung: Diese Begriffe fallen derzeit in Schilderungen über die Situation der Ausländerbehörde des Saarlands. Die habe 40.000 unbearbeitete Verfahren angestaut, berichtet der Saarländische Rundfunk (SR). Grund ist nicht nur die Corona-Pandemie: Anfang des Jahres hatte das Innenministerium die Behörde von der Landeshauptstadt Saarbrücken ins 25 Kilometer nördlich gelegene Lebach verlegt – aus Kostengründen. Flüchtlingsrat, DGB und die lokale Initiative „Bunt statt Braun“ hatten diesen Schritt damals scharf kritisiert. „Uns erreichen seit Monaten massive Beschwerden darüber, dass die zentrale Ausländerbehörde entweder nicht erreichbar ist oder anstehende Akten nicht bearbeitet“, sagt nun der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im saarländischen Landtag, Magnus Jung dem SR. Leidtragende seien im Saarland lebende Menschen aus dem Ausland, die es oft vor existenzielle Probleme stellt, dass es kaum möglich sei, einen Termin bei der Ausländerbehörde zu ergattern, so der SR. „Der Schaden, den der Innenminister angerichtet hat, ist immens“, sagt Thomas Schulz vom DGB Region Saar Trier. „Die Leute haben echt Stress, dürfen zum Beispiel nicht ins benachbarte Frankreich fahren.“
Neue Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung: Politische Polarisierung nimmt zu
Mit zwei repräsentativen Umfragen in den Jahren 2019 und 2020 hat die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung die Kluft zwischen Menschen mit unterschiedlichen politischen Ansichten in Deutschland untersucht. Das Ergebnis: Diese nimmt zu – aber nicht bei allen Themen. Starke Veränderungen stellten die Meinungsforscher_innen unter anderem bei den Einstellungen zu Migration fest. Während sich 2009 noch rund 40 Prozent der Deutschen dafür aussprachen, die Zuzugsmöglichkeiten für Ausländer einzuschränken, so vertrat Anfang 2020 nur noch jeder Fünfte diese Ansicht. Das mag auch damit zusammenhängen, dass die Zahl der Deutschen mit ausländischen Wurzeln zugenommen hat, so die Studie.
ILO: Corona hat globalen Arbeitsmarkt schlimmer getroffen als befürchtet
Die Pandemie hat im Jahr 2021 weltweit rund 125 Millionen Vollzeitstellen gekostet. Das ist ein Rückgang von 4,3 Prozent gegenüber der Zeit vor dem Corona-Ausbruch. Das berichtete die ILO. Bis Mitte dieses Jahres hatte die Organisation lediglich einen Rückgang von 3,5 Prozent erwartet. Aus regionaler Sicht verzeichneten Europa und Zentralasien den geringsten Rückgang der geleisteten Arbeitsstunden im Vergleich zum Niveau vor der Pandemie (2,5 Prozent). Es folgten Asien und der Pazifikraum mit (4,6 Prozent). Afrika, Amerika und die arabischen Staaten verzeichneten Rückgänge von 5,4 bis 6,5 Prozent. Diese großen Unterschiede seien vor allem auf die großen Unterschiede bei Impfungen und steuerlichen Anreizen zurückzuführen, so die ILO.
Neue DIHK-Umfrage: Fachkräftemangel größtes Geschäftsrisiko
Pro Jahr gehen in Deutschland rund 350 000 Beschäftigte mehr in Rente als junge Leute ins Berufsleben eintreten – Tendenz steigend. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag befürchtet gravierende Folgen. Laut einer Umfrage unter rund 23.000 Unternehmen ist der Fachkräftemangel für die Firmen das derzeit größte Geschäftsrisiko. Insgesamt erwarten 85 Prozent der Unternehmen negative Auswirkungen. 43 Prozent der Firmen rechnen damit, dass sie Aufträge verlieren oder ablehnen oder ihr Angebot reduzieren müssen, wenn nötiges Personal fehlt.
Kroatien wird heftig für Gewalt an der Grenze kritisiert – und soll mit Schengen-Aufnahme belohnt werden
Das Komitee des Europarats für die Verhinderung von Folter hat Kroatien für „schwere Misshandlungen“ von Migrant_innen scharf kritisiert. In einem Bericht der Kommission heißt es, bei Betroffenen seien Verletzungen festgestellt worden, die „unbestreitbar kompatibel“ mit Misshandlungen durch die Polizei seien, darunter einige, die nur auf Schlagstock- oder Knüppelschläge zurückgeführt werden könnten. Die Behörden des Landes wurden dazu aufgerufen, die Praxis unverzüglich zu beenden. Präsident Zoran Milanovic sagte indes, die Polizei müsse manchmal Gewalt anwenden. „Wie sonst kann die Republik Kroatien ihre Grenzen schützen?“ Wenige Tage nach Veröffentlichung des Berichts entschied der Europäische Rat, dass Kroatien die erforderlichen Voraussetzungen für die Anwendung des Schengener Abkommens erfülle. Damit kann das seit 2013 zur EU gehörende Land dem Schengenraum bald endgültig beitreten.
Entnommen aus Forum Migration Januar 2022