Von Sonne & Regen bei der beruflichen Integration

Kommentar von Bianka Huber und Dr. Roland Wagner von „Der Laden“, der Beratungsstelle der IG Metall in Frankfurt
Seit dem Frühsommer 2016 haben wir die Räume der Beratungsstelle „Der Laden“ für geflüchtete Menschen und Migrant_innen geöffnet und werden inzwischen täglich von 40 bis 60 Besucher_innen frequentiert. Neben allen Aspekten der sozialen und rechtlichen Hilfe sowie der sprachlichen Förderung, steht dabei die Beratung hinsichtlich des Berufslebens im Mittelpunkt unseres Interesses, sodass wir seit dem Herbst 2019 auch an das durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) geförderte Projekt „Welcome. Fachkräfte sichern durch Integration“ angedockt haben, welches den direkten Kontakt mit potenziellen Arbeitgebern sucht.
Die Hilfestellung bei der Jobsuche ist sehr stark mit sozialen Aspekten und mit dem jeweiligen Kenntnisstand der deutschen Sprache verquickt. Dabei sind einige Hürden zu bewältigen, denn allein die deutsche Bürokratie und ihr Papierwust überwältigen viele Geflüchtete und sind für sie teils nur schwer nachvollziehbar. Unsere Antwort auf dieses Unverständnis angesichts der aufwändigen Prozesse kann stets nur ein Verweis auf „das System“ sein – und dass man dieses erst verstehen muss, um es hinterfragen zu können.
Ein gewisses Systemverständnis und ein Verstehen der Zuständigkeiten sind so unabdingbarer Aspekt der generellen wie auch der beruflichen Integration. Ebenso trägt aber auch die individuelle soziale Situation zum Erfolg bei. So hilft etwa eine geordnete Wohnsituation dabei, dass Geflüchtete einen Job finden und behalten. Wer hingegen seit Jahren ein heruntergekommenes Wohnheim-Zimmer mit einem Fremden teilen muss, für den sind die integrativen Bedingungen weniger sonnig, auch aufgrund der weiteren belastenden Faktoren: Lärm und soziale Reibereien in der Unterkunft, die in der Großstadt oft erfolglose Wohnungssuche, die horrenden kommunalen Zahlungsnachforderungen im Falle eines Arbeitsantritts, das Absolvieren unsinniger Maßnahmen auf Geheiß des Jobcenters etc.
Hinzukommen oft Probleme bei der Kenntnis der deutschen Sprache respektive bei deren Erwerb. Auch dieser stellt für viele Menschen eine Hürde dar. Der „Kulturschock“ ereilt auch hierbei viele Geflüchtete. Die Eigen- und Genauigkeiten der deutschen Sprache werden von vielen als „sehr schwer“ empfunden.
Die konkreten Integrationsfragen im Beruflichen haben so mit dem deutschen Behördensystem, den staatlich und kommunal unzureichend erfüllten Bedingungen sowie mit dem mühsamen Spracherwerb einen wasserkopfartigen Überbau. Sie werden aber gleichzeitig mit einer Lösung dieser Aspekte angegangen: Wer die zahlreichen Anfragen von Behörden beantworten kann, wer die deutschen Genauigkeiten des Deklinierens und Konjugierens beherrscht, ist auch vom Aufwand, den Bewerbungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt bedeuten, weniger überrascht.
Zum Schluss sei noch gesagt, dass wir uns zum einen für kein Schema F aussprechen, wie berufliche Integration zu funktionieren hat. Wir lassen uns auch gerne von alternativen Gestaltungswegen überraschen. Zum anderen ist nicht nur das Konzept der beruflichen Integration bei unserer Arbeit zentral, sondern naturgemäß auch eine Inklusion, die auf Teilhabe, Wechselseitigkeit und dem Entstehen einer neuen Gesamtgesellschaft beruht.
Dabei ist die interkulturelle Auseinandersetzung in vielen Punkten auch für uns eine Herausforderung.
Während Deutschland kurz- und mittelfristig in einigen Sparten dringend auf ausländische Arbeitnehmer angewiesen ist, mögen umgekehrt das Laissez-faire vieler Kulturen, entspanntere Formen des Zusammenarbeitens oder alternative Lebensentwürfe, die nicht den Beruf ins Zentrum aller Dinge stellen, uns Deutschen dabei helfen, vom überkommenen Arbeitsethos ab- und uns auf offenere und differente Konzepte von Arbeit einzulassen.