Gute Arbeit im Umweltschutz in Brasilien: Soziale Ungleichheit muss bekämpft werden
Vereinfachte und gekürzte Fassung 28.10.2021 I Brasilien ist ein Land mit einer reichen Natur. Das bietet Möglichkeiten für viele Arbeitsplätze im Bereich Umweltschutz. Nelson de Chueri Karam beschreibt, wie diese Arbeitsplätze gestaltet werden müssen, damit sie auch gut für die Menschen sind.
Die Lage: Politik gegen die Umwelt und gegen die Menschen
Seit 2019 ist Jair Bolsonaro Präsident von Brasilien. Er betreibt eine Politik, die weder gut für die Umwelt noch für die Menschen ist. Im Gegenteil: Unter Präsident Bolsonaro wurden Umweltschutzmaßnahmen zurückgenommen. Die Zerstörung von Regenwald geht immer schneller voran.
Auch in der Sozialpolitik und bei den Arbeitsbedingungen gab es Rückschritte. Die Regierung tut nichts gegen die Armut vieler Brasilianer. Sie baut die Rechte der Arbeitnehmer ab und schwächt die Gewerkschaften. Hier ist eine gewaltige Verschlechterung der Lage eingetreten. Die Gewerkschaften in Brasilien stehen vor großen Herausforderungen. Das gilt besonders im Bereich der Green Jobs.
Was ist ein Green Job?
Die Internationale Arbeitsorganisation ILO benennt Arbeitsplätze als Green Jobs, also „grüne Arbeitsplätze“, wenn sie die Arbeit mit Umweltschutz verbinden. Das sind nicht nur die Arbeitsplätze im Umweltschutzbereich oder im Bereich der erneuerbaren Energien. Als Green Job gilt ein Arbeitsplatz, wenn er
- den Verbrauch von Energie und Rohstoffen verringert,
- den Ausstoß von Treibhausgasen vermeidet,
- weniger Müll und Verschmutzung produziert,
- Ökosysteme und Umwelt schützt,
- die Anpassung an den Klimawandel fördert.
Ein Green Job kann auch ein Job in der Produktion sein. Zum Beispiel, wenn an dem Arbeitsplatz jetzt erneuerbare Energie eingesetzt wird. Oder wenn das hergestellte Produkt umweltfreundlicher ist als früher oder als andere Produkte.
Genauso wichtig ist für die ILO, dass Green Jobs auch Gute Arbeit sind. Das heißt, sie müssen menschenwürdige Arbeitsbedingungen bieten, den Arbeitsschutz einhalten, sicheres und
ausreichendes Einkommen und eine Sozialversicherung bieten. Die Gewerkschaften sollen bei der Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen und durch Tarifverhandlungen mitwirken.
Sind die Green Jobs in Brasilien auch Gute Arbeit?
In Brasilien arbeiteten 2018 ungefähr drei Millionen Menschen im Bereich Umweltschutz. Oder sie hatten Arbeitsplätze, die den Umweltschutz unterstützen. Das sind allerdings weit weniger als zehn Prozent der Arbeitsplätze insgesamt in Brasilien. Die meisten dieser „grünen“ Arbeitsplätze gibt es im reicheren Teil von Brasilien. Im ärmeren Teil Brasiliens steigt die Zahl der Arbeitsplätze vor allem im Bereich Windenergie und Sonnenenergie aber an.
Durch Umstellung der Industrie auf erneuerbare Energie könnten bis zum Jahr 2030 über sieben Millionen neue Arbeitsplätze entstehen.
Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der brasilianischen Gewerkschaften hat diese Arbeitsplätze untersucht. Hierbei stellte sich heraus:
- Die Arbeitnehmer in Green Jobs sind schlechter bezahlt als der Durchschnitt.
- Es arbeiten nur wenige Frauen in Green Jobs. Fast die Hälfte der Arbeitnehmer insgesamt sind Frauen, aber nur knapp ein Fünftel der Green Jobs sind mit Frauen besetzt.
- Es gibt im Bereich Green Jobs weniger Arbeitsplätze mit vereinbarten Schutzrechten für die Arbeitnehmer.
- Im Bereich Green Jobs gelten viel weniger Tarifverträge.
Die Ziele der Gewerkschaften
Die Gewerkschaften in Brasilien wurden durch die Politik geschwächt. Es werden weniger Tarifverträge abgeschlossen. Die Rechte der Arbeitnehmer sind weniger geworden.
Es gibt bisher nur wenige Tarifverträge, die die Einhaltung von Umweltschutz zum Thema haben. Bei diesen Tarifverträgen geht es häufig um Vereinbarungen zu Themen wie Umweltschutzgesetze einhalten, Papierverbrauch senken, Energie einsparen. Es geht auch viel um die Einhaltung von Arbeitsschutz im Betrieb. Größere Aufgaben wie die Umstellung auf umweltfreundliche Produktionsweisen werden noch wenig behandelt.
Die Verbindung von umweltgerechten und menschenwürdigen Arbeitsbedingungen steht noch ganz am Anfang. In dieser Richtung haben die brasilianischen Gewerkschaften noch einen weiten Weg vor sich. Die Gewerkschaften müssen in den Tarifverhandlungen bessere Arbeitsbedingungen und gleichzeitig bessere Umweltschutzmaßnahmen einfordern. Das gilt allgemein, aber ganz besonders auch im Bereich der Green Jobs.
Gemeinsam mit anderen handeln
Die brasilianischen Gewerkschaften sind an nationalen und internationalen Abkommen zu Umweltschutz, erneuerbaren Energien und Transformation der Arbeitswelt beteiligt. Zum Beispiel haben die brasilianischen Gewerkschaften Abkommen mitunterzeichnet, die der globale Gewerkschaftsverband IndustriAll mit der Energiewirtschaft und der Automobilindustrie geschlossen hat.
Die Metallgewerkschaften sind an einem Regierungsprogramm zur Elektromobilität beteiligt.
Die Gewerkschaften in Brasilien gehen Bündnisse mit sozialen Bewegungen ein und kämpfen gemeinsam für die Überwindung sozialer Ungleichheit und den Übergang zu nachhaltiger und menschenwürdiger Arbeit.
Vereinfachte und gekürzte Fassung des Artikels: Green Jobs in Brasilien: Soziale Ungleichheit muss bekämpft werden - von Nelson de Chueri Karam, Volkswirt am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der brasilianischen Gewerkschaften.
Text in einfacher Sprache: Spaß am Lesen Verlag, Agentur Klar & Deutlich, https://klarunddeutlich.de/. Der Originalartikel erschien in der Broschüre, Transformation weltweit – für Gute Arbeit im digitalen und ökologischen Wandel.
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