Implementierung eines Modelles für Gute Arbeit in der Plattformökonomie
Eine digitale Vermittlungsplattform von und für Hausangestellte in Südafrika
Als Plattformökonomie werden Geschäftsmodelle bezeichnet, die Anbieter mit potenziellen Kunden auf einem digitalen Marktplatz zusammenbringen, z.B. Käufer und Verkäufer (Handelsplattformen), Auftragnehmer mit Auftraggebern (Freelancer- und Projektplattformen), Passagiere und Transportmöglichkeiten (Taxi-Plattformen, Mobilitätsdienste). Durch die Bereitstellung von Apps, die von Nutzer_innen direkt auf ihre Smartphones geladen werden können, sind die Transaktionskosten gering. Algorithmen übernehmen die Passung von Angebot und Nachfrage sowie das Rating der Anbieter und damit in einigen Fällen auch die Chancen für weitere Aufträge aufgrund der vom Kunden gesammelten Bewertungen. Die Plattformökonomie ist gerade dabei, Arbeitsverhältnisse weltweit grundlegend zu verändern. Die meisten Plattformen werden von kommerziellen Anbietern und großen Investoren mit Gewinninteressen betrieben und treten in Konkurrenz zu bisher regulierten Branchen und Geschäftsbereichen, z.B. Hotel- und Taxigewerbe. Dabei berufen sie sich darauf, einzig Vermittlungsplattformen und keine Arbeitgeber zu sein. Transportdienstleister, Unterkunftsanbieter oder Lieferanten werden als „Selbstständige“ verstanden. Diese „Selbstständigkeit“ ist indes nicht existent, da die Beschäftigten bzw. Anbieter der Leistungen nicht über Preise und Arbeitsbedingungen selbst entscheiden und über die Plattform vermittelte Aufträge teilweise auch nicht ablehnen können, ohne auf längere Sicht aus dem System rauszufallen. Der Vorteil für die Plattformbetreiber liegt auf der Hand: Sie streichen verlässlich Gewinne ein, haben aber keinerlei unternehmerische Verantwortung hinsichtlich der vermittelten Dienstleistung und zahlen keine Sozialabgaben für die Dienstleistungserbringer. Prekarisierung und potenzielle Ausbeutung von Arbeitskraft geht auf eine weitere Stufe.
Eine Antwort auf diese sich weiterverbreitende Form der Ausbeutung von Arbeitnehmenden ist die Einrichtung von selbstbestimmten, kooperativen Plattformen. Sie sind im Besitz der Arbeitnehmer_innen, Gewinne kommen diesen und keiner Vermittlungsagentur zugute. Dabei können auch die positiven Aspekte der digitalen Verknüpfung genutzt werden: Hausangestellte z.B. arbeiten vereinzelt und verhandeln isoliert mit ihren Arbeitgebenden über ihre Arbeitsbedingungen. Hier kann die Plattform auch für gemeinsamen Austausch und Organisierung genutzt werden.
Auch in Südafrika fassen Plattformen mehr und mehr Fuß, u.a. bei der Vermittlung von haushaltsnahen Dienstleistungen. Von 2020-2022 wurde im Rahmen einer Kooperation mit dem Social Law Project der University of Western Cape und den südafrikanischen Gewerkschaften für Hausangestellte ein Modell für eine Plattform zur Vermittlung und Organisierung von haushaltsnahen Dienstleistungen in den Händen der Hausangestellten selber entwickelt.
Nun geht es darum, dieses Modell in die Praxis umzusetzen. Die entsprechenden Organisationsstrukturen werden geschaffen und gestärkt. Die Hausangestellten werden dabei unterstützt, selbstständig die Plattform am Laufen zu halten und sie weiterzuentwickeln. Weitere Hausangestellte werden motiviert, über die Plattform nach Arbeit zu schauen und sich zu beteiligen. Ein Kund_innenkreis wird aufgebaut und erweitert, Standards für die über die Plattform angebotenen Dienstleistungen entwickelt. Eine wichtige Rolle spielt die Plattform weiterhin bei der Aufklärung zu Rechten und weiteren Organisierungsmöglichkeiten von Hausangestellten in den bereits bestehenden Hausangestelltengewerkschaften in Südafrika (SADSAWU, UDWOSA). Um auch weitere Hausangestellte zur Mitarbeit zu motivieren, werden regelmäßig Fortbildungen zu digitalen Kompetenzen angeboten.
Projektpartner des DGB Bildungswerkes in Südafrika ist das Social Law Project der University of the Western Cape (UWC) in Kooperation mit South African Domestic Service and Allied Workers Union (SADSAWU) und United Domestic Workers of South Africa (UDWOSA).
Laufzeit: 01.01.2023 - 31.12.2025
Das Projekt wird gefördert durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
Kontakt:
Susanne Ludwig
Projektleiterin
DGB Bildungswerk Bund
Tel.: 0211-4301-384
susanne.ludwig@dgb-bildungswerk.de