Arbeitszeit: Regeln gegen Selbstausbeutung
Die Diskussion um die Regelung und Flexibilisierung von Arbeitszeiten ist hochaktuell. Im Abschluss der aktuellen Tarifrunde der IG Metall in Baden-Württemberg kann die Wochenarbeitszeit für bestimmte Lebensphasen auf 28 Stunden begrenzt werden. Dieser Abschluss bestätigt die Notwendigkeit von flexiblen Arbeitszeitmodellen. Eltern muss es möglich sein, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, solange die Kinder betreuungspflichtig sind oder auch wenn es gilt, sich um pflegebedürftige Familienangehörige zu kümmern. Doch kann zu viel Flexibilität und Selbstbestimmtheit auch zulasten der Beschäftigten gehen?
Im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung hat die Forscherin Yvonne Lott untersucht, welche Zusammenhänge zwischen Arbeitszeitmodellen, Verhalten und Arbeitsbelastungen von Frauen und Männern bestehen. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, das extrem flexible Arbeitszeiten häufig zulasten der Beschäftigten gehen. Dabei sind die Folgen für Frauen andere als für Männer.
Es zeigt sich, das bei völlig selbstbestimmten Arbeitszeiten das abendliche Abschalten schwerer fällt als bei fest geregelten Arbeitszeiten. Dies betrifft interessanterweise aber mehr Männer als Frauen, so die Studie. Die Wahrscheinlichkeit das Männer abends nicht zur Ruhe kommen, liegt bei 40%. Das sind 11% mehr als bei Männern mit festen Arbeitszeiten. Die Forscherin führt diese Tatsache darauf zurück, dass gerade Männer eine Neigung haben ohne Grenzen überlange zu arbeiten während Frauen die zeitliche Flexibilität eher dazu nutzen, Haus- und Sorgearbeit mit dem Job zu vereinbaren.
Beschäftigte, die in Gleitzeit arbeiten, fühlen sich hingegen nicht übermäßig mehr belastet. Beschäftigte mit festen Arbeitszeiten (unveränderlicher Arbeitsbeginn und feste Feierabendzeiten) verspüren oftmals Druck durch andere Verpflichtungen (z.B. Abholzeiten an Schule, Kindergarten, etc.) Gleichzeitig bieten klare Regeln ein gewisses Maß an Planungssicherheit, was Stress reduzieren kann.
Die höchste psychische Belastung verspüren die Beschäftigten hingegen bei unvorhersehbaren Arbeitszeiten, die vom Arbeitgeber kurzfristig geändert werden. Sie erschweren die Planungssicherheit enorm und werden von den Beschäftigten als hoch belastend empfunden, insbesondere in Kombination mit hohem Arbeitsdruck.
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass eine von den Unternehmen häufig geforderte Deregulierung der Arbeitszeitbestimmungen äußerst kritisch zu sehen ist, wobei ein gewisses Maß an Flexibilisierung durchaus vertretbar ist. Allerdings sollte es hier klare Regeln wie zeitliche Obergrenzen, Zeiterfassung, realistische Vorgaben für das Arbeitspensum genug Personal und Vertretungsregeln geben.
Zu den Ergebnissen der Studie der Hans-Böckler-Stiftung geht es hier.