Arbeits- und Gesundheitsschutz
Sichere Arbeitsorte, ohne krankmachende Bedingungen für die Beschäftigten sind weltweit noch immer nicht garantiert. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) schätzt, dass jedes Jahr weltweit rund 2,7 Millionen Menschen am Arbeitsplatz sterben – durch Unfälle oder weil ihre Arbeitsumgebung sie dauerhaft krank macht. Hinzu kommt: Die ILO registriert jährlich mehr als 370 Millionen Fälle, die Beschäftigte vier Tage und länger arbeitsunfähig machen.
Die schlimmsten Arbeitsunfälle der Gegenwart
Die grobe Missachtung von Arbeits- und Brandschutz- sowie Gesundheitsstandards hat zu den schlimmsten Industrieunfällen des letzten Jahrzehnts geführt. 2012 starben in der Textilfabrik von Ali Enterprises in Pakistan 289 Menschen, weil einfachste Arbeitsschutz-, Brandschutz- und Gesundheitsbestimmungen nicht umgesetzt wurden. Kurz zuvor hat noch ein Sozialaudit dem Unternehmen eine gute Note in Sachen Einhaltung des SA8000 – einem internationalen Standard zur Verbesserung der Bedingungen der Arbeitnehmenden - ausgestellt. Nur eineinhalb Jahre später im April 2013 ereignete sich in Bangladesch mit dem Gebäudeeinsturz einer Textilfabrik ein weiteres Ereignis, dass 1.139 Menschen tötete und 2.438 Menschen verletzte. Auch hier fand kurz zuvor ein Sozialaudit statt, dass dem betreibenden Unternehmen einen „Persilschein“ ausstellte. Die Mitverantwortung der Sozialauditunternehmen, der Bekleidung produzierenden Marken und Unternehmen aus dem globalen Norden wird bis heute diskutiert und von Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen kritisch begleitet.
Die Maßnahmen danach: Vision Zero Fund und Bangladesh ACCORD
Zur Verhinderung dieser schlimmsten Arbeitsrechtsverletzungen der Gegenwart wurde der Vision Zero Fund, ein globaler Fond zur Vermeidung der schlimmsten Arbeitsunfälle, von der G7 unter deutscher Mandatschaft ins Leben gerufen, um einen kleinen Teil der Verantwortung des globalen Nordens an katastrophalen Arbeitsbedingungen entlang der Lieferketten von multinationalen Unternehmen zu übernehmen.
Zur Stärkung des Arbeitsschutzes in Bangladesch wurde ein rechtlich-bindendes Abkommen zum Brand- und Gebäudeschutz in Bangladesch - Bangladesh ACCORD - zwischen den globalen Marken und Händlern sowie den beiden globalen Gewerkschaftsverbänden IndustriALL Global Union und UNI Global Union sowie deren Mitgliedsgewerkschaften in Bangladesch abgeschlossen. Der ACCORD soll unabhängige Arbeitsinspektionen ermöglichen, bestehende Inspektionen und Beschwerdemechanismen verbessern und Arbeitnehmende über Rechte und Pflichten bezüglich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes aufklären. Mittelfristig sollen die Maßnahmen des ACCORDs von einem nationalen tripartiten Gremium geleitet werden.
Lage in Deutschland und der EU
In Deutschland und innerhalb der EU gelten strenge Vorgaben zum Arbeits- und Gesundheitsschutz. Dazu gehört etwa, dass Baustellen gesichert sind, dass schützende Kleidung getragen werden muss oder dass entsprechende Schutzmaßnahmen getroffen werden, wenn Menschen an ihrem Arbeitsplatz beispielsweise mit giftigen Substanzen in Berührung kommen. Die Vorgaben sollen helfen, konkrete Gefahren auszuschließen. Und sie haben den langfristigen Schutz der Belegschaft im Blick. Körperliche wie psychische Belastungen sollen frühzeitig erkannt und verhindert werden. In den Ländern des globalen Südens gelten häufig auch sehr strenge Arbeitsschutzmaßnahmen, aber es fehlt an quantitativer und qualitativer Inspektion und damit an der Durchsetzung des Arbeitsschutzes in diesen Ländern.
Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie ist hierzulande Grundlage für die Umsetzung solcher Schutz- und Präventionsmaßnahmen. Auf EU-Ebene ist die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz maßgeblich an der Umsetzung solcher Maßnahmen beteiligt.
Gefahren erkennen, Beschäftigte weltweit schützen
Eine der wichtigsten Aufgaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ist es, weltweit Standards für die Sicherheit am Arbeitsplatz zu schaffen. Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich über internationale Abkommen Maßnahmen für mehr Arbeitsschutz aufzulegen und diese im eigenen Land umzusetzen.
Der Grundsatz der ILO ist: Arbeitsbedingte Unfälle, Erkrankungen oder gar Todesfälle entsprechen nicht den sozialen Anforderungen an eine gerechte und sichere Arbeitswelt. Mangelhafter Arbeitsschutz trifft die Menschen im Betrieb – und damit unmittelbar die wirtschaftliche Produktivität.
Arbeits- und Gesundheitsschutz kommt also nicht nur den Beschäftigten zugute, sondern auch den Unternehmen. Strukturen dafür zu schaffen steht in der Verantwortung der Staaten und der Gremien in Unternehmen, die sowohl die Interessen der Firmenleitung als auch der Beschäftigen im Blick haben. Sicherheit am Arbeitsplatz geht alle an – das ist das Leitmotiv.
Mehr Sicherheit für alle, besonders Schutzbedürftige im Blick
Die ILO-Konventionen gelten für alle Beschäftigten. Aber manche Mitarbeitenden benötigen besonderen Schutz. Bereits seit über 60 Jahren gibt es die ILO-Konvention zum Schutz für Schwangere und Mütter. Sie gilt als Meilenstein auf dem Weg zu mehr Arbeits- und Gesundheitsschutz weltweit. Heute ist der Mutterschutz ein fest verankerter Baustein in den UN-Nachhaltigkeitszielen.
Über 90 Länder haben sich zum dem Programm zur Abschaffung der Kinderarbeit (IPEC) angeschlossen. Auch dieses Programm ist der Teil der Agenda für menschenwürdige Arbeit. Die Bundesregierung unterstützt diese Vorhaben.
Veröffentlicht 12 I 2019