Aufbau gewerkschaftlicher Strukturen
Weltweit stehen Arbeitnehmer_innen immer wieder unter Druck, zu schlechten Bedingungen zu arbeiten, um ihre Existenz so gut wie möglich zu sichern. Niedrige Löhne, mangelhafter Arbeits- und Umweltschutz, fehlende Rechte sind in vielen Ländern traurige Realität. Hier kommt den Gewerkschaften eine entscheidende Rolle zu: In der Organisierung gewinnen Arbeitnehmer_innen an Stärke, können sich austauschen, gemeinsame Strategien entwickeln, kollektiv Verhandlungen führen – und auch kämpfen.
Vor allem in Ländern mit geringer gewerkschaftlicher Abdeckung und einem hohen Anteil an Jobs im informellen Sektor wird ihnen diese Organisierung jedoch von verschiedenen Seiten erschwert: Mal sind es die Regierungen mit restriktiver Gesetzgebung, mal multinationale Konzerne, mal die Unternehmen vor Ort, die Aktivist_innen verfolgen und schikanieren. Mal gibt es auch interne Faktoren, die eine zielführende gewerkschaftliche Arbeit erschweren – etwa ein starkes Übergewicht von männlichen Führungspersonen, das den aktuellen Entwicklungen in der Arbeitswelt womöglich nicht Rechnung trägt.
Aktivist_innen und Arbeitnehmer_innen vor Ort brauchen deshalb internationale Solidarität, aber vor allem auch selbst Zugriff auf Wissen über Menschen- und Gewerkschaftsrechte, soziale Mindeststandards, Kernarbeitsnormen und nachhaltiges Wirtschaften. Und auf die Erfahrungen mit Durchsetzungs- und Umsetzungsstrategien: Wie fordert man von Unternehmen soziale Verantwortung in ihrem globalen Handeln ein, baut wirtschaftsdemokratische Strukturen im Betrieb auf, was sind die richtigen Instrumente? Dabei kann eine zielgruppenspezifische Ansprache – etwa an Frauen oder junge Beschäftigte – zum Aufbau einer starken gewerkschaftlichen Basis entscheidend sein.
Wir arbeiten seit mehreren Jahrzehnten mit Partnerorganisationen vor Ort daran, Strukturen zu schaffen, in denen all diese Herausforderungen angegangen werden können, in denen Know-how gesammelt, angepasst, weiterentwickelt und weitergegeben werden kann. Wir bauen gewerkschaftliche Bildungseinrichtungen in Entwicklungs- und Transformationsländern in Lateinamerika, Asien, Südosteuropa und dem südlichen Afrika auf. Vor allem aber unterstützen wir die Partnerorganisationen dabei, sie selbst aufzubauen.
Unsere Projekte
Aufbau und Unterstützung von Bildungseinrichtungen
In den 1990er Jahren hat das DGB Bildungswerk BUND gewerkschaftliche Bildungseinrichtungen in Nicaragua und Brasilien bauen lassen und zwei eigene Gewerkschaftsschulen eingerichtet. Später kam der Aufbau und die Unterstützung gewerkschaftlicher Zentren in anderen Ländern dazu, aber im wahrsten Sinne des Wortes „gebaut“ haben wir nicht mehr. In Indonesien etwa haben wir das Trade Union Rights Centre unterstützt. In der wirtschaftlich wichtigen, aber von prekärer Arbeit geprägten Region Chittagong in Bangladesch entstand in Zusammenarbeit mit dem Bangladesh Institute for Labour Studies ein Zentrum, das Informationen, Trainings und Räumlichkeiten für aktive Gewerkschafter_innen anbietet. Aktuell unterstützen wir dort ein Projekt, das den Fokus darauf legt, junge und weibliche Gewerkschafter_innen zu stärken, damit sie sich besser an Verhandlungs- und Entscheidungsprozessen beteiligen können.
Unterstützung bei Organizing-Prozessen
Der Erfolg gewerkschaftlicher Strategien hängt von der Stärke ab, mit der sie verfolgt werden können. Es müssen also möglichst viele Aktivist_innen und Beschäftigte gewonnen werden, ihre Interessen selbst zu formulieren und dafür zu kämpfen, sie auch durchzusetzen. Für diese Organizing-Prozesse gibt es Instrumente und Methoden, mit denen Gewerkschaften weltweit positive Erfahrungen gemacht haben.
Wir unterstützen und trainieren Gewerkschafter_innen in unseren Projekten darin, sich diese anzueignen und darin zu trainieren.
Ein aktuelles Beispiel ist eine Kooperation mit dem südafrikanischen Bildungsinstitut Labour Research Services. Ziel ist es, eine starke gewerkschaftliche Verhandlungsmacht entlang der Wertschöpfungskette der dortigen Supermärkte aufzubauen. Gemeinsam unterstützen wir haupt- und ehrenamtliche Gewerkschafter_innen aus den beteiligten Ländern dabei, sich zu vernetzen und Organizing-Instrumente und -methoden zu erlernen und anzuwenden.
Veröffentlicht 12 I 2019