Internationale Migration
Internationale Migration und gute Arbeit
Zuwanderung und Migrationsbewegungen gehören unmittelbar zu einer globalisierten Wirtschaft. In den EU-Staaten - auch in Deutschland – ist Arbeitsmigration spätestens seit den 1950er Jahren ein großes Thema. Tausende sogenannte Gastarbeiter_innen aus der Türkei, Italien, Griechenland, dem ehemaligen Jugoslawien und anderen Staaten wurden von Unternehmen in Deutschland angeworben.
Mit den zugewanderten Arbeiter_innen ändert sich das Leben in den Staaten, die kulturelle Vielfalt nimmt zu. Integration und Gleichbehandlung der Arbeitnehmer_innen und ihrer Familien sind Voraussetzung für "gute Arbeit" für Migrant_innen.
Arbeit und Leben weltweit
Die globale Wirtschaft macht es für Menschen im globalen Norden mit guter Ausbildung weltweit sehr einfach in anderen Staaten Arbeit zu finden. Wer in Deutschland und Europa über Migration spricht, meint meist die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte in die Staaten der Europäischen Union (EU) oder die Migration von Arbeitnehmer_innen innerhalb der EU. Gesetze zur Arbeitnehmerfreizügigkeit vereinfachen Arbeitsmigration innerhalb der EU und schützen zudem in vielen Fällen die Belange der Arbeitnehmer_innen.
In anderen Regionen der Welt müssen Migrant_innen um Mitbestimmungsrechte, um gute Arbeitsbedingungen kämpfen. Zum Beispiel in den USA. Hunderttausende Migrant_innen reisen jedes Jahr vor allem aus lateinamerikanischen Staaten ein. Diesen Einwander_innen bleibt häufig keine andere Möglichkeit außer in der informellen Wirtschaft zu arbeiten. Diese Schattenwirtschaft bedeutet in den meisten Fällen geringere Bezahlung, weniger soziale und gesundheitliche Absicherung.
Auch in die reichen Staaten des Nahen Ostens zieht es jedes Jahr Tausende Arbeitsmigrant_innen. Sie kommen meist aus asiatischen Staaten und arbeiten in Kuwait, den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Saudi-Arabien. In den wohlhabenden Öl-Staaten verrichten sie gering qualifizierte Tätigkeiten. Bekannte Beispiele sind große Bauvorhaben für Sportereignisse oder zur Verbesserung der Infrastruktur in den Großstädten. Andere arbeiten als Hauspersonal oder Service-Kräfte in Hotels oder Gastronomie.
Zudem ist Arbeitsmigration seit Jahren auf dem afrikanischen Kontinent ein großes Thema. Millionen Menschen verlassen ihre Heimatländer um in angrenzenden Staaten unter meist prekären Bedingungen zu arbeiten. Es sind vor allem junge Menschen aus Westafrika, die sich Saisonjobs auf den Plantagen in Ghana, Liberia, im Senegal oder der Elfenbeinküste suchen. Die Arbeitsbedingungen auf den Feldern sind hart, Schutz vor Übergriffen oder Gewalt gibt es häufig nicht.
Laut dem UN-Kinderhilfswerk UNICEF werden jedes Jahr mehrere Hunderttausend Minderjährige auf solche Plantagen geschickt, zum Beispiel zur Kakaoernte. Aber auch im Bergbau, etwa in den Goldminen von Burkina Faso verrichten Kinder schwere Tätigkeiten anstatt zur Schule zu gehen. Die Kinderarbeiter_innen arbeiten dort häufig unter sklavenähnlichen Bedingungen und werden elementarer Rechte und Chancen beraubt.
Insgesamt arbeiten weltweit rund 218 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen fünf und 17 Jahren. Dabei werden legale Beschäftigung und ausbeuterische Kinderarbeit zusammengefasst. Rund die Hälfte der jungen Arbeiter_innen arbeitet unter Zwang oder unter sehr gefährlichen Bedingungen. Die Staatengemeinschaft will bis 2025 jegliche Form der Kinderarbeit abschaffen. Die UN berufen sich dabei auf das ILO-Übereinkommen 182 von 1999.
Schutz für Arbeitsmigrant_innen weltweit
Mit einer Reihe von Abkommen und Vereinbarungen versucht die Staatengemeinschaft die Rechte von Arbeitsmigrant_innen zu stärken. Es geht um die Einhaltung der Menschenrechte und ganz konkret um gute Arbeitsbedingungen, die die Gesundheit der Arbeitnehmer_innen schützen, gerechte Bezahlung sichern und Sozialleistungen garantieren. Zu diesen Abkommen zählen:
Wanderarbeitnehmer_innenkonvention der UN
Zu den wichtigsten Abkommen zählt die UN-Wanderarbeiter_innenkonvention von 2003. Sie gilt als erster Schritt zur Anerkennung der Rechte von Migrant_innen. Kritiker_innen bemängeln allerdings, dass die Konvention vor allem Menschenrechte auflistet, die bereits über andere Verträge eingefordert werden. Zudem ist nicht klar, wie die Konvention zum Schutz der Arbeitsmigrant_innen in den jeweiligen Staaten umgesetzt werden. Daher wurden immer wieder Forderungen laut diese Konvention auch in nationales Recht umzusetzen.
Globaler Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration
Angesichts anhaltender Flüchtlingsbewegungen weltweit haben die Vereinten Nationen sich 2018 auf ein Abkommen zur globalen Migration geeinigt. Der Globaler Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration wurde im Dezember 2018 verabschiedet und gilt als richtungsweisend für die nächsten Jahrzehnte.
Dieser Globale Migrationspakt stellt ein nicht-verbindliches völkerrechtliches Regelwerk dar, das Grundsätze und Handlungsempfehlungen für sichere, geordnete und reguläre Migration festlegt. Die 193 UN-Mitgliedsstaaten vereinbarten im Rahmen der New Yorker Erklärung für Flüchtlinge und Migrant_innen, ein Migrationskonzept aufzulegen, das Migration ganzheitlich und in seinen verschiedenen Dimensionen erfasst.
Das Resultat: der Globale Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration (GCM).
Der Migrationspakt bezieht sich auf die UN-Nachhaltigkeitsagenda. Auch hier verpflichteten sich die Mitgliedsstaaten zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Migration. Die UN fordern zudem eine bessere Datengrundlage, um die Auswirkungen von Migration sowie Flüchtlingsbewegungen, Menschenhandel aber auch die Bedürfnisse der Geflüchteten und der Migrant_innen unterwegs und in den Aufnahmeländern besser zu analysieren.
Globaler Pakt für Geflüchtete
Mit dem Migrationspakt einigte sich die UN-Vollversammlung 2018 auch auf ein Abkommen zum Schutz von geflüchteten Menschen zu. Es baut auf bestehendem internationalem Recht auf, konkret auf der Genfer Flüchtlingskonvention. Im Kern besteht das Abkommen aus zwei Teilen: zum einen aus einem Rahmenplan für Flüchtlingsmaßnahmen (CRRF) und zum anderen einem Aktionsprogramm. UN-Schätzungen zufolge sind mehr als 70 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Sie fliehen vor Gewalt, Bürgerkriegen aber auch zunehmend vor Naturkatastrophen. Der Klimawandel und seine Folgen macht sich vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern bemerkbar. Dürren oder Überschwemmungen zwingen viele Menschen dazu ihre Herkunftsländer zu verlassen, um sich anderswo eine neue Zukunft aufzubauen.
Das Programm soll sicherstellen, dass Geflüchtete einen besseren Zugang zu Bildung und Gesundheit bekommen. Zudem sollen über das Aktionsprogramm die Aufnahmeländer unterstützt werden. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) kümmert sich um die Entwicklung des Übereinkommens.
ILO-Vereinbarungen
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) will konkrete Rahmenbedingungen für Arbeitsmigrant_innen schaffen, die deren Rechte auf allen Ebenen sichern.
Die ILO geht derzeit von rund 164 Millionen Arbeitsmigrant_innen weltweit aus. Davon sind rund 96 Millionen Männer, 68 Millionen sind Frauen.
Im ILO-Übereinkommen C097 über Wanderarbeiter_innen verpflichten sich die Staaten, Migrant_innen als Arbeitnehmer_innen, die selben Rechte zuzusichern, wie den Einheimischen. Dabei geht es konkret um gleiche Rechte bei der Bezahlung, beim Arbeitsschutz, beim Zugang zu sozialen Sicherungssystemen. Aber auch das Recht auf Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft ist darüber verankert.
Bereits 1925 verabschiedete die ILO das Übereinkommen C019 über die Gleichbehandlung einheimischer und ausländischer Arbeitnehmer in der Entschädigung bei Betriebsunfällen. Fast 40 Jahre später folgte das Übereinkommen C118 über die Gleichbehandlung von Inländern und Ausländern in der Sozialen Sicherheit. Von großer Bedeutung für Arbeitsmigrant_innen hatte zuletzt das Übereinkommen C189 über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte, da viele der Hausangestellten insbesondere in den reichen Staaten der arabischen Halbinsel, einigen wirtschaftlich erfolgreichen ost- und südostasiatischen Staaten und in der Europäischen Union keine einheimischen Arbeitnehmenden sind.
Rücküberweisungen
Laut Weltbank überweisen Migrant_innen rund 380 Milliarden Euro jedes Jahr zurück in ihre Herkunftsländer. In Ägypten, Bosnien-Herzegowina, El Salvador, Libanon, Nepal, Nicaragua oder den Philippinen sind die Rücküberweisungen mit über 10% einer der wichtigsten Stützen des Bruttoinlandsprodukts. Die Familien vor Ort sind auf dieses Geld angewiesen und setzen auf die Unterstützung ihrer Angehörigen im Ausland. Rücküberweisungen sind in der Summe deutlich höher als jede finanzielle Hilfe, die über die Entwicklungszusammenarbeit gestellt werden kann. Es sind meist qualifizierte Arbeitskräfte, die das Land verlassen, um in anderen Staaten zu arbeiten. Ein Beispiel sind Expert_innen aus der Pflege, jeglichen medizinischen Berufen oder anderen Tätigkeiten, bei denen Fachwissen gefragt ist. Kritiker_innen befürchten, dass durch die Abwanderung dieser Facharbeiter_innen eine enorme Wissens- und damit Entwicklungslücke in den Ausgangsstaaten entsteht.
Arbeitnehmer_innenvertretungen in den Betrieben
Um die Gleichbehandlung von Migrant_innen sicherzustellen, sind auch die Arbeitnehmer_innenvertretungen in den Betrieben gefragt. In etlichen Firmen organisieren die Betriebsräte und gewerkschaftlichen Vertretungen Unterstützung für Kolleg_innen, die aus anderen Ländern kommen. Es geht um Angebote, die Sprache besser zu lernen, aber auch um das Ankommen in der neuen Arbeitssituation.
Das DGB Bildungswerk BUND bietet Beratung für Geflüchtete und Migrant_innen aus Nicht-EU-Staaten über das Projekt Support Faire Integration und ist an verschiedenen Punkten in das Netzwerk Faire Integration eingebunden. Über das Projekt Anerkannt werden zudem Informationen zur Möglichkeit der Anerkennung von ausländischen Qualifikationen in Betriebe und Dienststellen getragen. Migrant_innen können sich aber auch in einigen Job Centern in NRW durch Anerkennungs- und Qualifizierungsberater_innen unterstützen lassen.
Der DGB unterhält das Projekt Faire Mobilität, dass sich für gute Arbeitsbedingungen für mittelost- und osteuropäische Arbeitnehmende auf dem deutschen Arbeitsmarkt stark macht. Zudem macht der DGB immer wieder auf die Diskriminierung und die Ungleichbehandlung von Arbeitsmigrant_innen und Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt aufmerksam und gibt Handlungsempfehlungen.
Veröffentlicht 12 I 2019