Uganda: Gemeinsam für sichere Grundversorgung und Gute Arbeit
25.04.2024 I Wenn in Uganda wieder einmal der Strom ausfällt oder der Müll in den Straßengräben verrottet – dann hat das auch damit zu tun, dass diese Dienstleistungen vor Jahrzehnten privatisiert wurden. Das DGB Bildungswerk unterstützt ein Projekt, das hier und in anderen afrikanischen Ländern Bedingungen für Gute Arbeit entwickeln will.
In Ugandas Hauptstadt Kampala sammelt sich überall entlang der Straßen Müll in den Abflussrinnen. In der Regenzeit wird er zur tödlichen Falle: Denn sobald nach einem Schauer die Wassermassen die Hügel hinunter donnern, verstopft der Unrat die Kanalisation. Straßen werden überschwemmt, Autos und Fußgänger davon gespült. Der Müll sei die Hauptursache für zahlreiche Todesfälle in den urbanen Zentren des Landes, erklärte kürzlich die Umweltbehörde NEMA. Die Lage bei der Müllentsorgung, die ursprünglich einmal eine staatliche Aufgabe war – unhaltbar.
Wie andere Länder Afrikas durchlebte Uganda in den 1980er Jahren eine Schuldenkrise. Der Staat, bankrott durch weltweit hohe Ölpreise und einen internen Bürgerkrieg, konnte sich seine eigenen Beamt*innen nicht mehr leisten. Internationale Kreditinstitute wie die Weltbank und der Internationale Währungsfonds bestanden darauf, dass Uganda und andere Staaten Teile ihrer Dienstleistungen privatisierten, um diese kosteneffizienter zu machen.
In Uganda traf es 1999 zunächst die Stromversorgung. Ausländische Investoren kamen ins Land, die nicht nur die Stromgewinnung, sondern auch den Vertrieb in ihre Hände nahmen. Die Kosten legten sie langfristig auf ihre Kund*innen um: Zum Zeitpunkt der Privatisierung kostete eine Einheit Strom rund 300 ugandische Schilling, derzeit sind es 900 Schilling.
Weil Investitionen etwa in neue Leitungen in die Armenviertel oder in die abgelegenen Dörfer auf dem Land ausblieben, musste die Regierung sogenannte Trust Fonds aufsetzen. Allein zwischen 2005 und 2012 subventionierte sie die Privatunternehmen so mit umgerechnet insgesamt 600 Millionen US-Dollar allein im Stromsektor. Mittlerweile wird hier mehr als genug Strom für die gesamte Bevölkerung produziert, doch nicht einmal die Hälfte des Landes verfügt über Leitungen. So muss ein Großteil der Energie in die Nachbarländer exportiert werden, um das Netz nicht zu überlasten – eine absurde Situation. Deswegen hat die Regierung 2022 einen Teil der Privatisierung zurückgenommen.
Ziel der privaten Investoren sei es nur gewesen, den Profit zu erhöhen, entsprechend schlecht seien auch die Bedingungen der dort Beschäftigten, die teilweise Wiederverstaatlichung sei deshalb „ein großer Erfolg, nicht nur für die Gewerkschaften, sondern für alle Ugander, denn jeder ist ein Stromkonsument”, sagt Everline Aketch. Aketch ist bei Public Services International (PSI) zuständig für die Projekte im englischsprachigen Afrika. PSI wiederum ist der globale Verbund von mehr als 700 Gewerkschaften der Öffentlichen Dienste, die über 30 Millionen Mitglieder in 154 Ländern vertreten – und Partner des DGB Bildungswerks.
In einem gemeinsamen Projekt arbeiten sie mit den lokalen Gewerkschaften aus den Sektoren Wasser, Strom und Müll in Botswana, Kenia, Nigeria und eben Uganda daran, die Arbeitsbedingungen transparent zu machen und zu verbessern. Sie erstellen Materialien für Kampagnen und Bildung, unterstützen sie bei Lobby-Strategien. Zudem vernetzen sie die verschiedenen Organisationen national und international untereinander und mit anderen, noch nicht oder nicht mehr organisierten Beschäftigten entlang der Wertschöpfungsketten, aber auch mit staatlichen Stellen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Gemeinsam entstanden so Kampagnen „für eine für alle verfügbare Grundversorgung und menschenwürdige Arbeitsbedingungen” in den dafür zuständigen Sektoren.
Dabei wurde vor allem offensichtlich, wie unterschiedlich die Arbeitsbedingungen waren. Die ugandischen Wasser- und Abwasserbetriebe sind noch vollständig in öffentlicher Hand, sie wurden nie privatisiert. Dort sind die Beschäftigten fast zur Hälfte in Gewerkschaften organisiert und verfügen über Schutzausrüstung wie Helme, Handschuhe, Arbeitskleidung. Im Abfallsektor sieht das anders aus. Die Arbeiter*innen sind kaum organisiert, Ausrüstung ist Mangelware. Die Müllentsorgung ist seit 2001 fast vollständig privatisiert.
Die Schmutzarbeit auf den Straßen oder das Säubern der Fahrbahnränder wird meist zu Dumpingpreisen an prekäre Menschen outgesourced: an alte Witwen, die keine Rente haben, an junge Männer ohne Schulabschluss, die Müll ohne Handschuhe einsammeln müssen, Menschen, die sich ohnehin am unteren Ende der Gesellschaft befinden. „Und sie werden dann auch noch ausgebeutet, ohne ein Minimum an Schutzkleidung“, so Aketch.
Dabei setzen in Anbetracht des Klimawandels und des hohen Ressourcenverbauchs internationale Geldgeber immer mehr auf Recycling. „Wenn die Regierung hier in Technologie investieren würde, die Recycling ermöglicht und durch Verbesserung der Arbeitsbedingungen diese Jobs attraktiver machen würde, dann wäre das Land automatisch auch viel sauberer“, so Aketch.
Autorin: Simone Schlindwein ist Journalistin, sie lebt und arbeitet in Kampala.
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