
Kein Existenzminimum für alle
Zum 1. Januar 2023 ersetzte das Bürgergeld die bisherige Grundsicherung („Hartz IV“). Der Regelsatz für alleinstehende Erwachsene stieg von 449 Euro auf 502 Euro monatlich, Sozialverbände loben auch eine Reihe weiterer Verbesserungen. Was bedeutet die Neu-regelung für Migrant_innen?
„Der Beschluss des Bundestages ist für viele Millionen Menschen mit geringem Einkommen und ohne Arbeit eine gute Nachricht: Das Bürgergeld wird ihre Situation endlich verbessern“, sagte DGB Vorstandsmitglied Anja Piel zu der Neuregelung. Auch Lebenspartner_innen und Kinder erhalten mehr Geld, Freibeträge steigen, zudem gibt es einen Zuschuss von 150 Euro für abschlussbezogene Weiterbildungen. Im ersten Bezugsjahr soll ein Vermögensfreibetrag von 40.000 Euro für einen Single und 15.000 Euro für jede weitere Person im Haushalt gelten.
Doch mehrere hunderttausende Asylsuchende und andere Ausländer_innen bleiben von der neuen Form der staatlichen Existenzsicherung ausgeschlossen. Denn ob Flüchtlinge und Migrant_innen das neue Bürgergeld erhalten, hängt vom Aufenthaltsstatus ab.
Ausländer_innen können das Bürgergeld nur bekommen, wenn sie ihren so genannten „gewöhnlichen Aufenthalt“, also einen festen Wohnsitz in Deutschland haben. Wer zur vorübergehenden Beschäftigung im Land ist – etwa Saisonarbeiter_innen in der Erntehilfe – hat keinen Anspruch. Außer dem festen Wohnsitz müssen sie die so genannte Erwerbsfähigkeit – also eine Arbeitserlaubnis – und eine Bedürftigkeit vorlegen. Ausländische Familienangehörige haben in den ersten drei Monaten nach ihrer offiziellen Ankunft in Deutschland kein Anrecht auf Bürgergeld. Wer zu Angehörigen nachzieht, deren Aufenthalt der Arbeitssuche dient, bekommt ebenfalls kein Bürgergeld.
Flüchtlinge aus der Ukraine sind bei den Sozialleistungen ab ihrer Ankunft deutschen Staatsbürger_innen gleichgestellt. Wer keine Arbeit hat, kann Leistungen wie deutsche Langzeitarbeitslose erhalten – also auch das Bürgergeld, gegebenenfalls zuzüglich Mehrbedarfs oder weiterer sozialer Unterstützungsleistungen.
Flüchtlinge aus anderen Ländern aber können erst nach der Anerkennung Bürgergeld beantragen. Laut Asylbewerberleistungsgesetz haben sie nur einen Anspruch auf Leistungen unterhalb des Niveaus des Bürgergelds und damit – nach der staatlichen Definition – unter dem menschenwürdigen Existenzminimum. Auch der Zugang zu medizinisch notwendigen Behandlungen wird ihnen teilweise verwehrt. Erwerbslose EU-Bürger_innen haben unter bestimmten Voraussetzungen überhaupt keine Ansprüche – darauf wies die Organisation Ärzte der Welt hin. Sie forderte die Bundesregierung auf, auch für Asylsuchende und Menschen aus anderen EU-Ländern den Zugang zu notwendigen Leistungen sicherzustellen.
Infoseite DGB zum Bürgergeld
Infos beim Netzwerk Sozialrecht
Entnommen aus Forum Migration Februar 2023