
News Februar 2023
Neue EU-Umfrage: Jede_r Fünfte kann sich vorstellen, im Ausland zu arbeiten
Die EU-Kommission hat 2022 rund 26.000 EU-Bürger_innen zu Arbeitskräftemobilität befragt. 18 Prozent der Befragten können sich vorstellen, in Zukunft im Ausland zu arbeiten – fast genauso viele wie bei der vorigen Befragung 2009 (17 Prozent). Verändert haben sich die Beweggründe: Mehr Geld zu verdienen hat etwas an Bedeutung verloren (31 Prozent, -4 Prozentpunkte), „Gefallen an der Kultur oder Mentalität“, hat als Grund zugelegt (34 Prozent, +2 Prozentpunkte). Der größte Teil der Arbeitskräftemobilität innerhalb Europas ist nach wie vor langfristig: 62 Prozent sind seit mehr als einem Jahr im Ausland und 73 Prozent derer, die arbeiten im Ausland in Betracht ziehen, planen einen Aufenthalt von mehr als einem Jahr. Deutschland ist dabei das bevorzugte Ziel, gefolgt von der Schweiz, Spanien, Großbritannien und den USA.
Bundestag: Plädoyer für besseren Schutz von Lkw-Fahrern
Vertreter der Transportbranche, von Gewerkschaften und Berufskraftfahrer haben bei einer Anhörung im Bundestag verbesserte Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer_innen gefordert. Dazu gehörten unter anderem mehr Park- und Rastplätze sowie saubere sanitäre Einrichtungen. Thema der öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses am 12. Dezember 2022 war der Berufskraftfahrermangel in Deutschland. Lkw-Fahrer stehen „am Rand der Gesellschaft“, sagte der Fahrer Mark Schneider. Ihre Belange würden kaum wahrgenommen. Es gebe zwar viele gute Gesetze zum Schutz der Fahrer, allerdings sei ihre Kontrolle völlig unzureichend. Er wünsche sich mehr Anerkennung für die wichtige Arbeit der Lkw-Fahrer. „Es gibt in Deutschland mehr Siegel für fair gehandelten Kaffee als für einen fairen Transport.“
Italien: Dekret gegen Seenotrettungs-NGOs
Die extrem rechte Regierung in Italien hat per Dekret neue Regeln für private Seenotretter_innen im Mittelmeer verfügt. Diese müssen nach einer Rettungsaktion nun direkt einen vorgegebenen Hafen ansteuern und dürfen keinem weiteren Notruf folgen. Verboten ist, Gerettete auf ein anderes Schiff zu bringen. Schließlich sollen die Geretteten Asyl bei den Staaten beantragen, unter deren Flagge die NGO-Schiffe fahren. Bei Zuwiderhandlungen drohen Geldbußen bis zu 50.000 Euro, eine Blockade der Schiffe von bis zu zwei Monaten und letztlich die Beschlagnahmung. In einer gemeinsamen Erklärung kritisierten 18 NGOs die Neuregelung scharf. Diese „führen dazu, dass zivile Rettungsschiffe über längere Zeiträume aus dem Rettungsgebiet ferngehalten werden und dort weniger Menschen aus Seenot retten können“, heißt es. „Die zivilen Seenotrettungsorganisationen sind aufgrund eines fehlenden staatlichen Seenotrettungsprogramms bereits überlastet, und die geringere Präsenz von Rettungsschiffen wird unweigerlich dazu führen, dass mehr Menschen im Mittelmeer ertrinken.“
Integrationsbarometer: Deutsche denken wieder positiver über Einwanderung
Die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt bietet die Chance auf langfristig mehr Wohlstand. Die Haltung zu Migrationsfragen in Deutschland ist wieder positiver als in den Vorjahren. Das ergab das Integrationsbarometer 2022 des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR). „Das Integrationsklima in Deutschland zeigt sich als außerordentlich stabil“, sagte die SVR-Vorsitzende Petra Bendel. Vor dem Hintergrund der politischen Lage sei dies „nicht unbedingt absehbar“ gewesen. Doch Corona-Pandemie, die Folgen des Ukraine-Kriegs mit erneuten Fluchtbewegungen und die Inflation hätten „keinen erkennbaren negativen Einfluss auf das Zusammenleben im Einwanderungsland Deutschland“. Der SVR erhebt mit seinem „Integrationsklima-Index“ Erfahrungen und Einschätzungen von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zu den Bereichen Arbeit, Bildung, soziale Beziehungen und Nachbarschaft. Mit 68,5 Punkten erreicht der Index in der aktuellen Ausgabe den höchsten Wert seit 2015. Insbesondere bei Menschen ohne Migrationshintergrund verbesserte sich das Integrationsklima, und zwar im Vergleich zur letzten Erhebung 2019/2020 um 2,5 Punkte auf 68,1. Bei Befragten mit Migrationshintergrund erhöhte sich der Index moderater um 1,3 auf 70,1 Punkte.
Silvester-Krawalle: Kritik an CDU, GDP will Runden Tisch
Nach Ausschreitungen in der Silvesternacht hat die CDU Berlin der Verwaltung einen Fragenkatalog geschickt, in dem sie unter anderem nach den Vornamen von Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit fragt. Daran gab es heftige Kritik. „Damit lässt die CDU ihre rechtspopulistische Maske fallen”, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD, Tom Schreiber, der Deutschen Presse-Agentur. Vasili Franco sprach von einer „Verbreitung von rassistischen Ressentiments“. Der innenpolitische Sprecher der Linken, Niklas Schrader, schrieb auf Twitter, die CDU wolle den „deutschen Tatverdächtigen offenbar das Deutschsein absprechen“. Der Berliner CDU-Landes- und Fraktionsvorsitzende Kai Wegner verteidigte das Vorgehen: „Wir müssen die Namen wissen, damit wir passgenaue Antworten geben und die Jugendlichen erreichen können.“ Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, forderte einen Runden Tisch mit Politik, Integrationsbeauftragten, Wissenschaft, Sozialarbeit, Polizei und Rettungskräften. „Wir brauchen diese Debatte sofort, und wir brauchen Ergebnisse, klare Konzepte und einen Plan, wer was umzusetzen hat“, sagte Kopelke. Zwar sei schon heute klar, dass „in vielen Fällen gruppendynamische Prozesse, Alkoholmissbrauch, Sozialisationsdefizite und die Verfügbarkeit pyrotechnischer Gegenstände“ die Ereignisse ausgelöst hätten. „Menschen pauschal abzustempeln und als verloren zu erklären, sei jedoch falsch“, so die GdP.
Alarm Phone: Bericht zur Arbeitsausbeutung von Migrant_innen im westlichen Mittelmeer
Die NGO Alarm Phone (AP) hat einen Bericht über die Ausbeutung von Menschen auf dem Weg nach Europa veröffentlicht. Der Bericht zeige, wie ähnlich Mechanismen der Ausbeutung auf beiden Seiten des Mittelmeeres sind, so das AP. Arbeitgeber nutzen aus, „dass bestimmte Gruppen an den Rand gedrängt werden und keine Papiere haben, mit Sprachbarrieren konfrontiert sind und kaum Zugang zu rechtlichem Schutz haben, und profitieren davon“, heißt es darin. In den untersuchten Regionen seien die Löhne von Arbeitsmigrant_innen „lächerlich gering“ – teils nur 150 Euro im Monat.
BaMF: „Wachsender Migrationsdruck“
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) sieht einen gestiegenen Migrationsdruck als in den Vorjahren. „Es ist zu beobachten, dass nicht nur in Deutschland, sondern auch an den EU-Außengrenzen der Migrationsdruck aktuell deutlich ansteigt“, sagte ein Sprecher dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. 2022 haben rund 244.000 Personen einen Asylantrag in Deutschland gestellt, darunter waren etwa 218.000 Erstanträge. Gegenüber dem Vorjahr war dies ein Plus von etwa 47 Prozent bei den Erstanträgen. Rund 25.000 der Erstanträge 2022 betrafen in Deutschland geborene Kinder im Alter von unter einem Jahr.
Neue Broschüre: Globale Ungleichheit und Arbeitsrechte
Für Gute Arbeit, globale, soziale Gerechtigkeit und die Bekämpfung des Klimawandels braucht es ein faires Wirtschafts- und Finanzsystem, mehr Steuergerechtigkeit und Investitionen, die dem Gemeinwohl verpflichtet sind. Doch das Globale Finanzsystem funktioniert anders: Die Wirtschaft wird großenteils dem Markt überlassen und mit privatem Kapital finanziert. Der Staat setzt die Anreize und übernimmt Risiken. Wie Staaten stattdessen mehr Mittel mobilisieren können, um selber zu investieren, den notwendigen Wandel zu gestalten und demokratisch zu kontrollieren – damit beschäftigt sich eine neue Broschüre des DGB Bildungswerks Bund. Die 60-seitige Publikation richtet sich an politische und gewerkschaftliche Entscheidungsträger_innen, Multiplikator_innen in der politischen Bildung und alle Interessierten. Sie ist in einfacher Sprache gehalten und steht kostenlos zum Download bereit.
Entnommen aus Forum Migration Februar 2023